Montag, 25. Januar 2016

Die Win-Win-Situation (G)


Der Postbote brachte das Paket, fast so groß wie eine Bierkiste. Der Inhalt war eher uninteressant, zumindest für unseren Camillo. Neugierig, wie immer, beobachtete er sehr genau, was mit dem Paket passierte. Ich öffnete es mit einem Teppichmesser und fingerte die einzelnen Teile heraus. Alles uninteressant für Camillo. Aber dem Füllmaterial, das so herrlich kuschelte und knisterte, galt Camillos uneingeschränktes Interesse. Er wusste ganz genau, gleich würde ich ihm das zusammengeknüllte Papier zum Spielen geben. Sorry, natürlich nicht zum Spielen, nein! Camillo wird daraus klitzekleine Schnipselchen produzieren, die ich dann ratz fatz entsorgen kann. Eine klassische Win-win-Situation zwischen Hund und Mensch.
So kam es auch. Nach einer halben Stunde thronte Mister Camillo inmitten der Schnipsel, die ich mit wenigen Besenstrichen in den Papierkorb beförderte.

Aber, da war noch der Karton, den ich neben besagtem Papierkorb abstellte. Immer wieder gingen die treuen Hundeaugen zwischen mir und dem Karton hin und her. Ich konnte in diesen Hundeaugen alles lesen:
»Gib ihn mir, gib ihn mir bitte bitte, einfach so! Du freust Dich doch auch, wenn ich glücklich bin. Das tust Du doch. Das weiß ich hundertprozentig. Ich bin nämlich ein schlauer, ein sehr schlauer Hund. Das hast Du schon hundertmal gesagt und meine Menschenmama Doris auch. Also, was ist? Krieg ich den Karton? Jetzt?«
Kann man einem Charmeur so was abschlagen? Kann man das? Der kleine Hundekörper zitterte voller Erwartung. Immer wieder schaute er rüber zum Karton. Ich konnte nicht anders. Nein, so eine Bitte konnte ich meinem Lockenköpfchen nicht abschlagen. Noch einmal schaute er mich an:
»Ich verspreche es Dir. Ich zerfetzte den Karton in so kleine Fitzelchen, die kannst Du dann prima und ohne grosses Aufhebens wegtun!«
Camillo hielt Wort. Hunde halten immer, absolut immer, ihr Versprechen, was man von Menschen nicht unbedingt sagen kann.
Nach getaner Arbeit schlief unser Camillo auf dem Haufen Schnipsel ein.
Zwei Stunden mühte er sich ab. Er war glücklich dabei! Was sage ich?, er war der allerglücklichste Hund auf der ganzen Welt. Auch das verrieten mir seine dunklen Hundeaugen.

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